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Unser Verständnis bei der Musterfindung

Bei der Mustersuche beschäftigen sich Menschen zunächst oft mit ihren Verhaltensweisen, Vorlieben, Abneigungen und Zuschreibungen von Freunden/Partnern. Die Beschäftigung mit den hinter dem Verhalten liegenden Motiven führt dann zur Auseinandersetzung mit der Vorherrschenden Leidenschaft. 

Was definiert für uns die Muster?

Für uns definiert sich das Muster über die Vorherrschende Leidenschaft. Bei deren Definition stützen wir uns auf die Beschreibung von Wilfried Reifarth, der sich in seinen Büchern auf Naranjo, Almaas, Maitri und Gurdjieff bezieht.

Wichtig ist die präzise Beschreibung der Vorherrschenden Leidenschaft, z.B. beim

  • Muster EINS der Zorn als grundsätzliches Nicht-Einverstanden-Sein mit der Welt und dem was geschieht,
  • Muster ZWEI der Stolz als das Gefühl der eigenen Überlegenheit,
  • Muster DREI die Eitelkeit als der Versuch, die eigene Überlegenheit von anderen bestätigt zu bekommen, 
  • Muster VIER der Neid als ständiges Sich-Vergleichen-Müssen, wobei der Vergleich meistens zum eigenen Nachteil ausgeht,
  • Muster FÜNF der Geiz als reflexhaftes Festhalten und als Rückzug aus der "bedrohenden" Beziehung,
  • Muster SECHS Furcht/Zweifel als permanente Infragestellung seiner selbst und allem, was einem begegnet,
  • Muster SIEBEN die Völlerei als vergnügungssüchtiger Energieaufwand zur Vermeidung von drohender Leere, 
  • Muster ACHT die Wollust als Begierde, sich alles Lebendige einzuverleiben bzw. nach eigenem Gusto zu gestalten, und 
  • Muster NEUN Acedia als tief verankerter Glaube an die Vergeblichkeit eigener Bemühungen und als Abwehr, sich mit sich selbst und der Welt tiefer beschäftigen zu müssen. 

Wir sind sicher, dass die Vorherrschende Leidenschaft immer und unabhängig von den Umständen wirkt. Sie in ihrem Wirken unter wechselnden Kontextbedingungen zu erkennen, braucht allerdings einige Übung. 

Wie findet die Mustersuche/-findung statt? Auf was achten wir besonders bei der Mustersuche?

Aus dem eben Gesagtem ergibt sich, dass wir bei der Mustersuche insbesondere darauf achten, welche Prinzipien immer und kontextunabhängig wirken, da sie auf die Vorherrschende Leidenschaft schließen lassen.

Dies geschieht in Form des Offenen Großgruppenprozesses, der für die Beschäftigung mit der Enneagramm-Idee der geradezu notwendige Vermittlungsweg ist, denn die neunfache Verschiedenheit der Menschen und ihrer Lernschritte wird hierbei direkt erlebbar (näheres unter: "Wie wir die Gruppe als Lernort verstehen").

Erfahrungsgemäß vollzieht sich die Mustersuche als Prozess, der kontinuierlich in die Tiefe führen muss. Zunächst beschäftigen sich Menschen oft mit ihren Verhaltensweisen, Vorlieben, Abneigungen und Zuschreibungen von Freunden/Partnern. Die Beschäftigung mit den hinter dem Verhalten liegenden Motiven führt dann zur Auseinandersetzung mit der Vorherrschenden Leidenschaft. Der Bezug auf die Vorherrschende Leidenschaft wirkt wie ein Kompass bei der Mustersuche. Dieser wird durch eine exakte Definition der Vorherrschenden Leidenschaften "kalibriert".

Eine zusätzliche Möglichkeit der Vergewisserung ergibt sich durch die Hinzunahme von Aspekten der Spirituellen Dimension, wie z. B. dem Seelenkind, dem Idealisierten Aspekt und der Holy Idea.

Die Begleitung dieses Prozesses fordert vom /von der verantwortlichen Ennea­grammlehrer(in) bzw. dem/der Prozessverantwortlichen

  • Genaue Beobachtung ohne (oder mit möglichst wenig ...) Bewertung
  • Nicht auf "Schlüsselreize" anzuspringen und sich damit zu früh auf eine Muster-Hypothese festzulegen
  • Das eigene Muster durchdrungen und sich mit der eigenen Vorherrschenden Leidenschaft ausgesöhnt zu haben
  • Die Fallen des eigenen Musters hinsichtlich Übertragung zu kennen. Wissen, welche Fehler mir mein Muster nahelegt (z.B. Schmeichelei, Optimismus, ...)
  • Wissen um (kluge) Verwechslungen
  • Wissen um Anziehung und Abstoßung unter den Mustern

Welche Bedeutung hat es für uns, ob jemand im richtigen Muster "angekommen" ist? Was glauben wir, hängt für ihn oder sie davon ab?

Wir gehen davon aus, dass wirkliche EntwicklungsArbeit einer bewussten Willensentscheidung bedarf und nur im richtigen Muster stattfinden kann. Oft ist das Gefühl, dass trotz aller Anstrengungen keine persönliche Weiterentwicklung stattfindet, sondern der Betreffende den Eindruck hat, in einer Sackgasse zu stecken, ein erster und wichtiger Hinweis darauf, die Musterannahme zu hinterfragen.

Die Ankunft im richtigen Muster wird von den Menschen als "Nach-Hause-Kommen" erlebt. Erst damit wird die Erforschung der Vorherrschenden Leidenschaft möglich. Deren Ziel ist ein Friedensschluss, bei dem die Leidenschaft nicht mehr als Tabu, sondern als lebensspendende Energiequelle erlebt wird. 

Wie kommen die Menschen in unserem Verein zu ihrem Muster?

Die Mustersuche vollzieht sich im Offenen Großgruppenprozess. Hier bilden die Menschen ihre Muster-Hypothesen bzw. äußern mitgebrachte Annahmen. Sorgfältige und differenzierte Feedbacks der Gruppenmitglieder und der Prozessverantwortlichen sind nützliche Hilfen für die Bestätigung oder Verwerfung infrage stehender Musterhypothesen. Letztlich entscheidet jeder Mensch selbst darüber, wann und welches Muster er für sich für richtig hält. Wenn aber trotz aller Anstrengungen keine Weiterentwicklung stattfindet ... (s. o.) 

Wie gehen wir mit Musterzweifeln um?

Wir bemühen uns um eine Kultur, die "den Zweifel heiligt". Es verdient viel Respekt, wenn ein Mensch in der Gruppe Zweifel am eigenen Muster äußert. Das Ansprechen eines Musterzweifels beim Anderen ist ein heikles Unterfangen, das viel Fingerspitzengefühl benötigt. Wichtig ist, dass die Auseinandersetzung mit Musterzweifeln immer in konstruktiver Absicht geschieht. Nach unserer Auffassung liegt es in der Verantwortung des Lehrers /der Lehrerin, Musterzweifel bei seinen Schülern anzusprechen, um Entwicklung zu ermöglichen. 

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