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Entwicklungsweg eines Menschen des Musters DREI

Das Enneagramm lernt ich gegen Ende der Supervisorenausbildung 1991 kennen. Es war eher einer "esotereischen Ecke" zugeordnet und mir schien zunächst, dass es kaum geeignet sein könnte, in der pädagogischen Arbeitswelt Fuß zu fassen. Dennoch wurde schnell deutlich, dass die Kenntnis der Muster und die Auseinandersetzung damit ein gutes, ergänzendes Werkzeug sein könnte, um in der Beziehungsarbeit mit Menschen hilfreich zu wirken und/oder die Selbsterkenntnisprozesse bei Menschen zu verbessern.

Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass das Kennenlernen des Enneagramms und die Erkenntnisse über mein eigenes Muster der Zugang zu mir selbst schlechthin waren und sind. Es ermöglichte mir in den darauf folgenden Jahren, mir auf die Schliche zu kommen, mich auf Reflexion einzulassen und mich zu entwicklen. Es war das Einzige (und zugleich die heftigste "Packung") in meinem Leben, das mich wirklich weitergebracht hat. 

Im Studium der Sozialpädagogik und in den Jahren beruflichen Wirkens hatten Fort- oder Weiterbildung, Supervision und therapeutische Verfahren mich nicht wirklich zu mir geführt, mich nicht erreicht, oder ich fühlte mich nicht gemeint. Sie waren für mich immer nur Werkzeuge, die sich projektartig gut verkaufen ließen, die meinem Erfolg dienten. Gefühle, vor allem meine eigenen, sofern ich sie überhaupt zuließ, waren nur als Beiwerk nützlich und eigentlich nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß notwendig, um in der Beziehungsarbeit erfolgreich zu sein.

Das wurde anders, als ich begann, mich auf das Enneagramm einzulassen. Dies war mir aber zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht klar, denn eine so neue Idee wie das Enneagramm ließe sich bestimmt gut vermarkten! Wie immer, waren meine Strategien schnell darauf ausgerichtet, dieses Projekt anzugehen. Während der Supervisionsausbildung und auch in der Zeit davor, hatte ich es sehr gut verstanden, erfolgreich zu wirken, ein Projekt nach dem anderen abzuwickeln und meist mit hohem persönlichen Einsatz zu meistern, ohne mich wirklich als Mensch einzubringen.

Die Tatsache, dass ich hin und wieder von mir wichtigen Menschen Rückmeldungen oder Hinweise bekam, die besagten, dass ich bei allen Erfolgen oft oberflächlich, nicht authentisch, ehrlich oder wahrhaftig wirke oder sei, hatte etwas Zweifelauslösendes und Angstmachendes. Anfangs tat ich diese Bemerkungen meist schnell ab, hatte logische Erklärungen parat, warum dies so nicht möglich und notwendig sei. Schlicht: Mein Ego schaffte es immer wieder zu verhindern, dass ich mich mit mir und meinen wahren Gefühlen auseinandersetzte. So musste ich mich meinen Entwicklungsaufgaben nicht stellen. Erkannte ich doch meist recht schnell, was erwartet wurde, und ich passte mich den Anforderungen so an, dass ich vor allem gut ankam (gelegentlich auch auf Kosten anderer), und die Lorbeeren fast immer einheimsen konnte.

Dennoch hatte ich tief in mir immer große Selbstzweifel, Ängste und Unsicherheiten, und es fiel mir immer schwerer, diese zu verbergen. Die Strategien meines Musters legen mir Lügen, Täuschungen und Selbsttäuschungen, Schön-Reden, perfekte Außendarstellungen, Übernahme wechselnder Rollen usw. nah. Automatisch schlüpfte ich in diese Rollen, um meine Selbstzweifel und Krisen zu überspielen. Mein Ziel war, mit der Ausbildung zum Supervisor und zur Leitungsfachkraft einen "Schein" in der Hand zu haben, der meine Kompetenzen nach außen noch besser darstellen sollte und - natürlich - in den beruflichen Aufgabenstellungen umfassender und noch erfolgreicher wirken zu können.

Zum Erreichen des Ausbildungszieles war es unabdingbar notwendig, sich im Kreis der anderen Teilnehmer glaubwürdig darzustellen. Dies schloss die Tatsache ein, dass auch ich über meine Schwächen hätte reden müssen. Ich hatte dies bisher perfekt vermieden, denn mein Selbstbild war, ein guter, erfolgreicher Mensch und Familienvater zu sein, der keine Schwächen hat und keine Misserfolge kennt. Diese Selbsttäuschung führte nun dazu, dass ich die Abschlussprüfung im ersten Anlauf nicht bestand. Ich gestand mir das aber nicht als Versagen ein, sondern machte mich selbst glauben, ich hätte das Zertifikat einfach nur zu billig haben wollen.

Diese schmerzliche Niederlage, das Scheitern, markiert einen Wendepunkt. Die Erfahrung, dass dieses Versagen nicht "das Ende der Welt" bedeutete, dass Menschen trotzdem weiter zu mir standen, an mich glaubten und mich unterstützten, ermöglichte mir, einen vorsichtigen Blick auf meine Schattenseiten, meine Fehler, Ängste und Unvollkommenheiten zu werfen.

Bei sich selbst beginnen ...

In der Beschäftigung mit Martin Bubers "Der Weg des Menschen" erkannte ich, dass sich persönliche Entwicklung nicht im stillen Kämmerlein vollzieht, sondern nur im Kontakt und in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen. Der Anspruch, meine eigenen Gefühle wahrzunehmen - und zwar wirklich meine eigenen und nicht die, die scheinbar von mir erwartet wurden -, machte mir große Angst und löste Selbstzweifel aus: "Ich bin nicht gut und andere könnten das merken. Sie sehen mich mit meinen Unzulänglichkeiten und Schwächen." Ich fragte mich, ob ich mit dem, was ich in meinem bisherigen Leben erfahren und erlernt hatte, für mich einen gangbaren Weg finden könnte, mich zu verändern und zu entwickeln.

Das Enneagramm war keine weitere Methode, die ich "vermarkten" konnte, sondern mehr. Es half mir zunächst, mich als Mensch des Musters DREI zu erkennen, und ich hatte von Anfang an nie Zweifel, mich diesem Muster zugehörig zu fühlen. Die Beschreibung des Musters DREI zeigte mir positive Seiten auf - aber auch Aspekte, die ich nur sehr schwer wahrhaben oder annehmen konnte. Eine ganz zentrale, mir höchst unangenehme Seite war die, dass die Wahrnehmung eigener Gefühle schwierig, ja sogar manchmal regelrecht unmöglich ist. Und dass ich diesen Mangel durch die Übernahme von "erwarteten" Gefühlen oder durch extreme Anpassung, Rückzug, Täuschung und Versteckspiel zu überspielen suche.

... aber nicht bei sich enden

Was mir in der Folge Mut machte, war die Tatsache, dass sich alle Teilnehmer der Enneagramm-Lerngruppen mit ihren starken und schwachen Anteilen zeigten - eben neunfach verschieden. Gemeinsam nahmen wir Anteil an unseren persönlichen Entwicklungswegen. Alle machten, wie ich, schmerzliche und unangenehme Erfahrungen. Wir lernten miteinander, unsere Unterschiedlichkeit zu respektieren und wertzuschätzen. So wie ich etwas über mich und mein Muster erfuhr und mitteilte, so erfuhr ich etwas über die anderen Muster. Dies veränderte sukzessiv auch mein berufliches Handeln. Ich erlebte, dass Prozesse und Entwicklungen in Gruppen selbstverständlicher und leichter gelangen, Konflikte mit Hilfe der Musterunterschiede besser verstanden und geklärt oder Entwicklungen nachhaltiger gestaltet werden konnten.

Von sich ausgehen ...

In dieser Phase meiner Kenntnis des Enneagramms war ich häufiger verunsichert, ob ich das, was ich mit dem Enneagramm mache, anstoße oder in die Welt setze, verantworten kann. Denn die Erkenntnisse und Entwicklungen für mich persönlich waren nicht einfach. Sie waren oft mit Leid und Schmerz verknüpft, und nicht immer konnte ich sofort den Lohn der Entwicklungsarbeit erkennen und ernten. Immer wieder holte mich an diesem Punkt die Melodie meines Musters ein. Ich fragte mich, ob das "Projekt Enneagramm" wirklich effektiv sei und was mir Ehrlichkeit und der Zugang zu meinen Gefühlen denn bringen sollten, wenn ich mich so schlecht mit ihnen fühle.

Es gab Weggefährten und Gleichgesinnte, die mir nachhaltig, andauernd und wohlwollend diese meine musterspezifischen Eigenheiten spiegelten. Es war neu für mich, dass ich dies zulassen und aushalten konnte, und es ermutigte mich, den enneagrammatischen Weg zu gehen. Es schmerzte mich festzustellen, dass ich einerseits sehr geübt darin bin, ein glänzendes Äußeres, ein Image zu präsentieren und dass andererseits tief in meinem Inneren eine Leere herrscht. Die Eitelkeit als vorherrschende Leidenschaft meines Musters legt mir immer wieder nah, bei einer glänzenden Hülle zu verharren, und sie für mein wahres Ich zu halten. Ich musste lernen, meine inneren Gefühle wahrzunehmen, sie zu beschreiben und zu zeigen, also wegzugehen von der Hülle - hin zur Fülle.

... aber nicht auf sich abzielen

Stand am Anfang der Beschäftigung mit dem Enneagramm mehr die Frage im Mittelpunkt, wer ich selbst bin, so reifte mit zunehmendem Wissen die Erkenntnis über die neunfache Unterschiedlichkeit der Menschen. Mein Respekt vor der Andersartigkeit der anderen wuchs. Zunehmend entwickelte sich in mir der Wunsch, das Wissen über das Enneagramm in meine berufliche Arbeit einfließen zu lassen. Die Unausweichlichkeit und Präzision, mit der das Enneagramm die Landkarte des lebendigen Lebens beschreibt, waren für mich dafür entscheidend, die Kommunikation und Interaktion im Zwischenmenschlichen in den Blick zu nehmen und nicht nur auf mich zu schauen.

Sich erfassen ...

Es reicht nicht aus, bei sich zu beginnen, sich auf sich zu besinnen und sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. Wichtige Anstöße für meine persönliche Entwicklung gab es immer dann, wenn ich in meiner Enneagramm-Gruppe ehrlich und wahrhaftig über mich berichtete, wenn andere Teilnehmer dies für sich taten und wir unsere persönlichen Entwicklungswege begleiteten. Die Kenntnis der Enneagramm-Muster ermöglichte mir zunehmend, in beruflichen und alltäglichen Situationen gelassener mit mir und anderen umzugehen und differenzierter zu erkennen, welche Ratschläge für andere hilfreich sein konnten und welche nicht. So vertiefte sich mein Wunsch, das Enneagramm in der pädagogischen Arbeit, in der beruflichen und privaten Welt zu kommunizieren und anzuwenden und es nicht nur zur Selbsterkenntnis zu nutzen. Die Anwendung und die Weitergabe des Wissens rückten zunehmend in den Mittelpunkt.

... aber sich nicht mit sich befassen

Um diesen Wunsch zu verwirklichen, musste ich etwas tun. Meiner mustertypischen Eitelkeit folgend, das Enneagramm einfach einzusetzen, um quasi ohne Rücksicht auf Verluste dem "Erfolg" meiner persönlichen Entwicklung nachzulaufen, konnte auf keinen Fall weiter mein Weg sein. So würde ich wieder nur mein Image aufpolieren.

Es gab während meiner Aneignung des Enneagramms immer wieder Phasen, in denen ich mir vormachte, es reiche aus, dass ich die Kenntnis und das Wissen habe, und dass ich dadurch andere in ihrer Entwicklung begleiten, beraten, sie führen und erziehen könne. Ich war vom Enneagramm überzeugt. Jedoch fiel es mir schwer zuzulassen, dass ich bei der Arbeit mit ihm leider auch immer wieder im Fokus stand und meine starken wie schwachen Seiten in die Prozesse einflossen, diskutiert oder kritisiert wurden. Ich musste von dem "Projekt" der Selbstbeschäftigung, des Schaut-her-wie-toll-ich-mich-entwickelt-habe wegkommen. Ich musste lernen, von mir loszulassen und mühsam begreifen, dass mein Umgang mit dem Enneagramm ganz entscheidenden Einfluss darauf hat, ob und wie die Menschen, denen ich es vermitteln wollte, Zugang dazu finden konnten.

Was die Kenntnis des Enneagramms mit meiner pädagogischen Arbeit macht

In die Zeit dieser Erkenntnis fiel der Beginn der Ausbildung zum Enneagrammlehrer. Eine Bedingung der Teilnahme war die Durchführung eines persönlichen Projektes der Anwendung des Enneagramms in der sozialen Arbeit. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich eine grobe Landkarte des Enneagramms zeichnen, die Muster im Wesentlichen beschreiben, und ich hatte mehr als zehn Jahre Entwicklungsarbeit mit dem Enneagramm hinter mir. Dieses Wissen vermittelte ich auch in Beratungs- und Supervisionsprozessen mehr oder weniger erfolgreich.

Ich misstraute mir, ob ich durch diese Ausbildung nicht wieder nur einen "Schein" mehr in die Tasche bekommen wollte, um damit zwar vielleicht "erfolgreicher" arbeiten zu können, aber mich nicht wirklich mit meiner persönlichen Entwicklung befasse. Letztlich hatte ich auch die Sorge, möglicherweise der Weitergabe der Idee des Enneagramms zu schaden, indem ich blind für wichtige Aspekte menschlichen Miteinanders bleibe. Reichten die Erkenntnisse über mich, meine Motive und meine Schattenseiten dazu überhaupt aus? Reichte meine Motivation, mich wirklich und wahrhaftig mit mir auseinanderzusetzen oder würde ich immer wieder meinem inneren Sog folgen, der mich mehr zu der glänzenden Hülle als zu dem Kern zieht? Denn das Enneagramm zeigte mir ja ständig, wer ich wirklich bin und nicht bin, was ich kann und nicht kann und vor allem, was ich noch lernen muss. Sehr tröstlich war die elementare Tatsache, dass das Enneagramm neunfach unterschiedlich sagt, dass jeder starke und schwache Seiten hat, Unangenehmes in sich trägt, aber auch über neunfach unterschiedliche Ressourcen verfügt. Und dass es lehrt, dass jedes Muster eine eigene, in sich geschlossene und logische Daseinberechtigung hat und als vollständiger Lebensentwurf funktioniert.

Diese im Lichte des Enneagramms selbstverständliche Erkenntnis veränderte entscheidend meine Einstellung zu mir selbst und meine pädagogischen Sichtweisen, Werte und Haltungen. In der psychologischen Diagnostik werden oft defizitorientierte Krankheitsbilder beschrieben, Strategien und Methoden werden gelehrt, gelernt und eingesetzt, die einseitig ein bestimmtes Verhalten "wegtherapieren" sollen. Mir griff dieser Ansatz schon früher zu kurz. In der täglichen Arbeit gab es dazu viele Bestätigungen, denn die Klienten änderten nicht so einfach ihr Verhalten, nur weil ich meinte, mit meiner "Rezeptverordnung", die einem fundierten Konstrukt der Pädagogik oder der Beratungstheorie entsprang, würden sich die Probleme schon lösen.

Mit dem Wissen um das Enneagramm und im Kontakt mit den Menschen sah ich oft deren Muster durchscheinen und versuchte - zunächst vorsichtig - diese Energien und Dynamiken, deren Ängste und Nöte aufzunehmen und mit den Betreffenden in ihrer "Melodie", dass heißt ihrem Muster gemäß, anzusprechen. Diese Art und Weise des Umgangs miteinander führte immer wieder zu qualitativ anderen Ergebnissen: Die Kommunikation war leichter, verständlicher, die Entwicklungsprozesse nachhaltiger und persönliche Veränderungen dauerhafter und ehrlicher.

Ich nahm die Gelegenheit wahr, in einer Jugendhilfeeinrichtung als Hausleiter zu beginnen, in der das Enneagramm tagtäglich gelebt wurde. Hier spielten nicht nur die Vermittlung des Enneagramms und persönliche Selbstreflexion eine Rolle, sondern der praktische Nutzen der Erkenntnisse für die Erziehungsarbeit und Entwicklungsprozesse. Die Jugendlichen in der Einrichtung kennen ihre Muster mehr oder weniger gut und es war für mich neu, in der täglichen Begegnung mit ihnen in Kenntnis ihrer Muster enneagrammatisch zu arbeiten. Sie auf ihre verwickelten Seiten aufmerksam zu machen, sie zu begleiten und zu ermutigen, auf ihren Ressourcen zu bauen. All dies war neu und extrem anstrengend, denn ich hatte auszuhalten, dass ich selbst ständig im Fokus stand und zu eigener Entwicklung gezwungen wurde.

Erziehung oder Pädagogik stellt sich seitdem für mich in einem anderen, neuen Licht dar: Ich war nicht mehr der wissende Lehrer, Pädagoge oder Erzieher und konnte anderen aus dieser Perspektive zeigen, was für sie besser war oder ist. Ich war plötzlich zwar vielleicht ein Mehrwissender, oder - auf Grund des Alterunterschiedes - ein Erfahrenerer, dennoch ein Gleicher unter Gleichen, im Sinne von: "Ich entwickle mich immer noch weiter, genauso wie ihr Jugendlichen." Dies alles in einem Kontext, in dem

  • nicht versucht wird, Defizite von Menschen "wegzudoktern", sondern die Ressourcen jedes Einzelnen zu stärken,
  • Entwicklung nicht davon abhängig gemacht wird, wie gut, erfolgreich oder klasse jemand war oder welche Fehler er macht,
  • Entwicklung daran gemessen wird, welches Maß an Verantwortung der Einzelne für seine mustertypischen Chancen und Fallen übernimmt.

Die mir immer wieder begegnende Befürchtung, Menschen durch die Musterzuordnung in Schubladen zu stecken, zerstreute sich gänzlich: Die Jugendlichen, Mitarbeiter und ich wussten zu gut voneinander (von unseren Mustern), und die Botschaft des Enneagramms besagte ja: "Bei sich selbst beginnen, aber nicht bei sich enden."

Für mich war aber sehr viel entscheidender, dass ich mich als Mensch des Musters DREI von einer Haltung und Sichtweise verabschieden musste, die für mich selbst schwierig wahrzunehmen, zu steuern und zu kontrollieren ist: Im Kontakt mit den Jugendlichen kann ich ganz schnell erkennen, wie dieses oder jenes Problem zu managen und strategisch zu lösen ist. Meine Energie richtet sich dann fast automatisch darauf aus, mich mit den beteiligten Menschen zu verbünden und zwar auf einer Ebene, die signalisiert: "Seht wie toll ich das machen würde, also macht es so wie ich und alles wird gut." Mit anderen Worten ausgedrückt, lautet die Beziehungsbotschaft: "Ich manage die Dinge oder Probleme mit Euch, wenn ihr mitzieht, auch gemeinsam, und die Lösungen werden sich einstellen. Dann steht ihr gut da, aber viel wichtiger: Ich auch!" Gegen diesen Impuls und Automatismus kämpfe ich ständig an.

Und das Enneagramm hat mich über die Jahre gelehrt oder besser, die Menschen, die mich auf meinem Weg der Entwicklung begleitet haben, zeigten mir auf:

  • Jeder ist sein eigener Regisseur und Hauptdarsteller.
  • Jedes Enneagramm-Muster birgt in sich das Potential, eigene Stärken und Schwächen zu erkennen und zu ändern.
  • Jeder Mensch kann seine persönliche Entwicklung nur in eigener Verantwortung vollziehen.
  • Nur in der Auseinandersetzung, im Kontakt und in der Begegnung mit anderen Menschen geschieht ein Weg der Entwicklung.
  • Ich bin als Mensch des Musters DREI zwar ein Macher, aber Beziehungen lassen sich weder wie ein Ding managen noch machen.

Und noch ein Aspekt meiner professionellen Haltung veränderte sich: Zum Beispiel konnte ich in Beratungen und Supervisionen feststellen, dass Teilnehmer berührt und fasziniert von der Enneagramm-Arbeit waren. Dennoch hatten sie erhebliche Widerstände, sich vertieft mit den Mustern und sich selbst auseinander zu setzen. Dies hing erstens mit der Tatsache zusammen, dass das Enneagramm sehr schnell "auf den Punkt" kommt und dies natürlicherweise bei Menschen Widerstand auslöst.

Und zweitens wurde mir klar, dass ich als Mensch des Musters DREI Vorbehalte produziere, ohne dass dies meine Absicht wäre. Meine Art in Kontakt zu treten und Beziehungen zu gestalten, ließ andere sofort spüren, dass es mir wesentlich um meine eigene Anerkennung, um meinen eigenen Erfolg ging. Sie konnten so das Gefühl bekommen, ich wolle ihnen das Enneagramm "verkaufen", und dass sie das Enneagramm und mich gleichermaßen "toll" finden sollten.

Ich kann Beziehung und Begegnung weder machen noch managen.

David

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